Hallo Klaus,
Du sprichst da ein interessantes und auch sehr kontrovers diskutiertes Thema an. Schön! Danke Dir!

Jetzt kommt endlich mal Leben ins Forum. *hihi*
Du hast völlig recht mit der Bemerkung, dass ein traditionell gemaltes Aquarell mit samt seiner Zartheit und den Effekten, die man damit bei richtiger Lasurtechnik erzeugen kann, höchst anspruchsvoll und wohl eine der schwierigsten Techniken ist, die es in der Malerei gibt. Ich glaube, diesen Punkt bestreitet keiner.
Diskussionspunkt ist natürlich wie immer der Geschmack. Viele Leute finden die traditionelle Malweise oftmals zu "langweilig". Vielleicht auch, weil sie einfach sehr anspruchsvoll ist und enorme Materialkenntnis voraussetzt. Man muss jedes einzelne Pigment und dessen Charakteristika wie Transparenz, Deckkraft, Granulierungsfähigkeit etc. kennen, damit das Weiß des Papieres die Farben zum Leuchten bringt und kein "Schmutz" entsteht.
Ich denke daher, dass es durchaus legitim ist, "Spezieleffekte" einzubauen, um eben mangelnde Materialkenntnis auszugleichen und dennoch ein schönes Bild zu malen. Dann ist es vielleicht nicht mehr ein "traditionelles" Aquarell, aber trotzdem entstehen dabei sehr schöne Bilder. Es ist dann halt einfach ein anderer Stil. So ähnlich, wie wenn man mit Öl oder Acryl entweder lasierend malt oder impasto mit dem Spachtel. Natürlich sollte man mit eingebundenen Fremdgegenständen wie Sand, Gras etc. bei einem Aquarell etwas dezenter vorgehen als z.B. bei Acryl. Aber das macht man, denke ich, automatisch, wenn man den Zauber der Farben nicht zerstören möchte.
Ich kenne einige Kunstliebhaber, die an meinen Bildern Anstoß nehmen, weil sie nicht zart genug, nicht "aquarellig" genug sind. Nun, das ist mein persönlicher Stil. Ich finde oftmals Aquarelle, die zu verwässert sind, langweilig, farblos und energiearm. So scheiden sich die Geschmäcker. Dafür habe ich aber auch einige Kunden, denen meine kräftig gefärbten Bilder sehr gut gefallen. Damit muss man als Künstler leben. Man darf sich da auch nicht beirren lassen, sondern muss sein eigenes Ding weiter machen. Die Geschmäcker sind eben verschieden und das ist auch gut so! Sonst wäre die Welt ja furchtbar eintönig und langweilig.
Oftmals ist der Versuch, Zweige, Muscheln, Sand etc. in ein Aquarellbild einzubauen, einfach der Wille, mal was Neues auszuprobieren, einen Exkurs aus der eigenen Stilrichtung zu machen, einfach um zu schauen, was passiert. Ich finde das ganz klasse, denn nur so entstehen neue Erfindungen, neue Malrichtungen. Das ist Kreativität!

Ganz unabhängig davon, ob man dann dieses Bild noch Aquarell nennen möchte oder nicht. Ein Kunstwerk bleibt es allemal. Und wenn es gefällt? Um so besser!
Ich glaube, dem Kunstlaien an sich ist es piep schnurz egal, ob ein Bild nach traditioneller Aquarelltechnik ganz puristisch gemalt wurde oder ob noch SchnickSchnack mit eingearbeitet wurde - so lange es nur gefällt und einen Menschen ganz persönlich anspricht.
Soviel von meiner Seite dazu.
Viele Grüße,
Midge